Der Südkurier – Ein Roman von Antoine de Saint-Exupéry

Südkurier (franz. Courrier Sud) ist der erste Roman von Antoine de Saint-Exupéry, in dem bereits die wesentlichen Motive seiner künftigen Bücher entfaltet werden. Die gefahrenvollen Anfänge der Post- und Langstreckenfliegerei werden für den Schriftsteller zur Auseinandersetzung mit der instinktiven Suche des Menschen nach Vervollkommnung.

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Südkurier – Ein Roman von Antoine de Saint-Exupéry

Inhaltsangabe

Jaques Bernis bricht zu einem gefährlichen Langstreckenflug in den Süden nach Dakar auf, wo er einen Postsack ausliefern soll. Das Fliegen ist ihm zu einem Ersatzleben geworden, in das er sich aus der Eintönigkeit des Alltags flieht. Sein Flug nach Dakar wird sein letzter Flug werden, dort kommt er niemals an. Seine Reise führt ihn über Spanien, Marokko und Mauretanien. Dort, in Mauretanien, einem gefährlichen, von rebellierenden Stämmen beherrschten Gebiet, findet ein Suchtrupp schließlich seine Leiche, sein demoliertes Flugzeug und den unversehrten Postsack.

Der Erzähler der Geschichte ist Antoine de Saint-Exupéry selbst. Er stellt den Helden seines Romans, den Postflieger Jaques Bernis, der bei der Fluggesellschaft Latécoère beschäftigt ist, als einen Jugendfreund und Kollegen vor. Natürlich verbirgt sich hinter der Figur nichts anderes als eine Projektion seiner selbst.

Südkurier von Antoine de Saint-Exuperý – Cover der Ausgabe aus dem Fischer-Verlag
Empfehlung: Südkurier und frühe Schriften von Antoine de Saint-Exuperý in der Ausgabe aus dem Fischer-Verlag, ISBN 978-3596222285, 160 S.

Die Schilderung von Bernis letztem Flug wird von seinen privaten und beruflichen Erfahrungen umrandet, die in vielen, kleinen Häppchen präsentiert werden. Funksprüche über den Flug unterbrechen die Geschichte immer wieder.

Bei den privaten Erfahrungen von Bernis handelt es sich um seine unglückliche Liebe zu der verheirateten Geneviève. Ihr zu Liebe war er aus dem Einklang seines Pilotenlebens ausgebrochen, er war mit ihr ausgegangen und hatte Abenteuer mit ihr erlebt, doch ihre Vorstellungen von einem gemeinsamen Leben gingen weit auseinander. Bernis bringt sie schließlich zu ihrem Ehemann zurück. Er hat erkannt, dass das Leben eines Piloten und seine Privatsphäre zwei völlig verschiedene Welten sind. Nicht die Liebe stellt er schließlich in den Mittelpunkt seines Lebens, sondern eine unerschütterliche Pflichterfüllung, die bis zur Selbstaufgabe führen kann. Die Essenz seines Lebens ist: »Leben heißt, sich angesichts des Todes bewähren.« So endet der Roman auch mit einer telegrafischen Meldung, dass die Post in Dakar angekommen sei.

Südkurier enthält bereits alle Motive, die Saint-Exupérys künftige Werke durchwehen: Verbundenheit mit den Sternen, Kameradschaft zwischen Piloten und Bodenpersonal, Sehnsucht nach dem Jenseits und nach Erlösung, Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein, das Flugzeug als ein Werkzeug zur Verknüpfung verschiedener Welten und die Suche nach menschlicher Vervollkommnung, nach einem verborgenen Schatz. Voll geistiger Dichte und in fließender Sprache verfasst, wird Südkurier richtungsweisend für seine kommenden Werke. Es zeigt Saint-Exupérys schriftstellerische Handschrift, der keine Distanz zu seinen Figuren wahren kann und daher seinen Text als eine verkappte Autobiografie gestaltet. Südkurier ist eine Art Entwicklungsroman auf der Suche nach Vollständigkeit und Einzigartigkeit. Hierzu nutzt Saint-Exupéry seine persönlichen Erfahrungen aus seiner Jugend und seiner Erlebnisse in der Gesellschaft. Seine Erfahrungen stimmen ihn pessimistisch, die Welt der Menschen ist ihm suspekt, sie ist ihm eine Welt von »Gefangenen ihrer selbst«. Mit seinen Texten will er sie aufklären und formen und einen Ausweg aus dem »Termitenhaufen« aufweisen. In Südkurier wird das Flugzeug für Bernis, der vor den Widrigkeiten des gesellschaftlichen Lebens flieht, zu einem Werkzeug zur Erlösung.

Hintergrund und Entstehung

Südkurier - Roman von Antoine de Saint-Exupéry - Cover der Ausgabe aus dem Karl Rauch Verlag
Empfehlung: Südkurier – Roman von Antoine de Saint-Exupéry in der Ausgabe aus dem Karl Rauch Verlag, ISBN 978-3792000670, 144 S., gebundene Ausgabe

Antoine übernahm 1927 Postflüge zwischen Toulouse und Casablanca und zwischen Casablanca und Dakar. Er arbeitete gemeinsam mit Flugpionieren wie Daurat, Mermoz, Vacher, Estienne und Lescrivain. Im Oktober 1927 wird er schließlich Chef des Flugplatzes in Cap Juby, der mitten im marokkanischen Krisengebiet liegt.

Cap Juby war ein einsamer, aber strategisch wichtiger Zwischenlandeflugplatz. Flugzeuge kamen nur im Abstand von einer Woche, ein Segelschiff mit Proviant nur einmal im Monat. Saint-Exupéry sollte hier vor allem das Vertrauen der Spanier und rebellierender Araber gewinnen. Der Auftrag erforderte von ihm Verantwortungsbewusstsein, Verhandlungsgeschick und die Kunst, Menschen miteinander zu verbinden. Er lebte mit seinem Techniker in einer Holzbarracke am Strand zwischen Meer und Wüste. Bei diesem fast mönchischen Leben lernte er die Eigenarten des Lebens in der Wüste kennen. Zu seinen Einsätzen gehörten auch Rettungs- und Befreiungsaktionen. In den Anfängen der Luftfahrt mussten Piloten wegen technischer Defekte recht häufig notlanden, auch in der Wüste. Seine persönlichen Erfahrungen in Cap Juby sollten sein ganzes Werk prägen. In den 18 Monaten auf dem Flugplatz entstand auch »Der Südkurier«, der Ende 1928 erschien.

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