Die Figur des kleinen Prinzen trug Antoine de Saint-Exupéry schon lange Zeit mit sich herum als einen Teil von sich. Der kleine Prinz, das ist er schließlich selbst. Zeichnungen des kleinen Kerls sind über viele Jahre hinweg in Briefen von »Tonio« an Freunde zu finden und zeigen die Figur eines kleinen Prinzen oft auf einer Wolke sitzend, mal mit, mal ohne Flügel. Einige dieser Zeichnungen sind Kommentare zum Kriegsgeschehen im 2. Weltkriegs. Aus eigenem Antrieb hätte Saint-Exupéry sein Märchen wohl nie zu Papier gebracht. Er selbst sah sich nie als einen Berufsschriftsteller. Wer ihn nun zu diesem Buch angeregt hat, darüber streiten sich die Geister.
Anregung zum Buchprojekt
Häufig zugeschrieben wird die Anregung zu diesem Kinderbuch dem amerikanischen Verleger, Curtice Hitchcock, der die Werke Saint-Exupérys in den USA vertrieb. Einer später verbreiteten Erinnerung zufolge hatte sich Hitchcock mit Antoine im Frühjahr 1942 in einem New Yorker Café getroffen, wo Antoine eine Figur auf das weiße Tischtuch kritzelte. Hitchcock fragte ihn, was er da zeichne. »Nicht viel, nur ein kleines Kerlchen, das ich in meinem Herzen herumtrage«, soll Saint-Ex geantwortet haben. Diese Figur nahm der Verleger als Idee auf und schlug Saint-Ex vor, ein Kinderbuch daraus zu machen. Wenig später hatte sich Exupéry dieser Idee angenommen, wie aus einem Brief an seinem Freund Léon Wencelius hervorgeht.
Aber andere, wie die amerikanische Journalistin Silvia Hamilton oder die Malerin Hedda Sterne beanspruchen das Prädikat der Projekturheberschaft für sich. Letztere hatte Saint-Ex wohl auch geraten, das Buch selbst zu illustrieren. Man kann aber auch nicht ausschließen, dass er insgeheim selbst Pläne für die Geschichte macht, denn das Genre Märchen reizte ihn und er soll einem französischen Verleger in Tours vorgeschlagen haben, ein solches zu verfassen.
Fiebriges Arbeiten – Illustrationen und Text
Überzeugt von den Illustrationen von Bernhard Lamotte zu Saint-Exupérys Roman »Flug nach Arras« sollte dieser ursprünglich die Illustration auch für den kleinen Prinzen übernehmen. Freunde rieten Antoine jedoch, das Buch selbst zu illustrieren. Über viele Jahre hinweg hatte er seine Briefe mit Skizzen des kleinen Prinzen illustriert. So kaufte er sich also gemeinsam mit seinem Freund Léon Wencelius Farbstifte für die Entwürfe. Mit Paul-Émile Victor und René Clair erinnern sich weitere Freunde Exupérys daran, ihm Farbkästen für seine Aquarelle geschenkt zu haben.
Im Sommer 1942 begann er mit den Arbeiten an dem Buch, die mehrere Monate andauert. Über seine Zeichnungen kam er seinen Figuren näher. Modelle fand er bei seinen Freunden. Bei Silvia Hamilton fand er in einer blondköpfigen Puppe, einem Terrier und einem Boxer Modelle für den kleinen Prinzen, Schaf und Tiger. Als sich Saint-Exupéry gegen Sommerende in eine Villa an der Nordküste von Long Island für die Arbeit zurückzieht, stehen ihm Freunde Modell für seine Illustrationen. Der Schriftsteller Denis de Rougemont erinnert sich in seinem Tagebuch, dass er auf dem Bauch liegend das Modell für den kleinen Prinzen abgab. Einige Figuren wie von einem Schmetterlingsjäger oder einem Kreuzworträtsellöser fanden letztlich keine Aufnahme in das Buch. Wie seine Frau Consuelo und einige Freunde berichteten, schreibt er im Sommer und Herbst 1942 fiebrig an dem Text und fertig Skizzen und Zeichnungen an. Eine Vielzahl der Zeichnungen wird nicht in das Werk Einzug halten. Im Oktober 1942 hält schließlich der Verleger Curtis Hitchcock das Manuskript in den Händen und ist auf Anhieb begeistert. Am 11. November 1942 unterzeichnet Exupéry einen Vertrag mit dem Verlagshaus Reynal & Hitchcock für Veröffentlichung in Amerika.