Der kleine Prinz – Persönliche Quellen von Antoine de Saint-Exupéry

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Der kleine Prinz ist eine ganz eigene Schöpfung von Antoine de Saint-Exupéry. Literarische Bezüge herzustellen, ist daher kaum möglich, es sei denn, man stellt Bezüge zu seinen eigenen Werken her. Seine Werke sind autobiografisch motiviert, ihnen liegen Saint-Exupérys Erlebnisse und Begegnungen mit Menschen, Tieren und der Natur zu Grunde, in ihnen entwirft er Text für Text seine Philosophie der Verflechtung und Verbindungen. Und im kleinen Prinzen findet sich all dies letztlich künstlerisch verdichtet wieder. So sind es vor allem persönliche Quellen, auf die sich dieses Märchen bezieht.

Saint-Exupérys Kindheit

Die eigene Kindheit hat für das Werk von Saint-Exupéry eine herausragende Bedeutung. Auch wenn sein Vater früh gestorben war, verlebte er eine geborgene Zeit im Kreis seiner Familie. Er und seine Geschwister konnten ihre Fantasie entfalten und ihre Fähigkeiten entwickeln. Gemeinsam bewältigte man Freude ebenso wie Entbehrungen, die mit dem ersten Weltkrieg mit sich kamen. Seine Kindheit wird in seinem Werk zu einem Symbol. Er redet vom »Haus seiner Kindheit« und er spricht davon, dass er von seiner Kindheit stammt wie aus einem Land.

Auch der Tod seines zwei Jahre jüngeren Bruders, der im Alter von 14 Jahren an einer rheumatischen Erkrankung starb, beeinflusste ihn sehr. Saint-Exupéry bewunderte den Mut und die Gefasstheit, mit der sein Bruder, mit dem er gemeinsam in den Jahren zuvor verschiedene Internate und Schulen besuchte, in den Tod ging.

Die Rose des kleinen Prinzen

Die Biografen von Saint-Exupéry sind sich nicht einig, wer sich hinter der Rose des kleinen Prinzen verbirgt. Einige sehen in der Rose des kleinen Prinzen Antoines Frau Consuelo de Saint-Exupéry, die er im Alter von 31 Jahren in Argentinien geheiratet hatte. Sie selbst erhellte dies in ihrer Autobiografie „Die Rose des kleinen Prinzen“. Andere aber bestreiten, dass sie sich ausschließlich hinter der Figur verbergen soll. Vielmehr soll die Rose eher ein zusammengesetztes Porträt darstellen, in dem sich verschiedene Liebeserfahrungen von Saint-Exupéry spiegeln. Dabei gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass mit der Rose wirklich Consuelo anzunehmen ist.

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Leben in der Wüste

Als Chef des zivilen Flugpostens Cap Juby lebte Saint-Exupéry 1927/28 in der marokkanischen Wüste. Sein Alltag bestand vor allem aus Rettungsversuchen, denn die Fliegerei befand sich damals noch in den Kinderschuhen. So kam es häufiger vor, dass Flugzeuge in der Sahara standeten und deren Piloten großer Gefahren ausgesetzt waren. Die Gefahren wurden durch die Wüste selbst und durch die Feindschaft der in ihr lebenden Araber mit den in der Nähe von Cap Juby stationierten Spaniern bestimmt. Saint-Exupéry flog waghalsige Rettungversuche und erarbeitete sich große Anerkennung, indem er zwischen den verfeindeten Kulturen wie ein Botschafter vermittelte. Er lernte die Eigenarten der Wüste kennen und in ihm reifte das symbolische Bild der Wüste. Die Sahara offenbarte sich ihm, indem er sie in sich aufnahm. Und sie lehrte ihn, sich selbst zu erkennen. Die Erfahrungen in Cap Juby verarbeitet Saint-Exupéry in seinem ersten Roman »Südkurier«.

Absturz in der Wüste

Ende 1935 unternahm Saint-Exupéry einen Rekordversuch im Langstreckenflug zwischen Paris und Saigon. Doch in der Nacht verirrte er sich und stürzte mit seinem Bordmechaniker Prévot in der Wüste ab. Den Absturz mit hoher Geschwindigkeit überlebten sie nur sehr glücklich und fast unversehrt. Fünf Tage irrten sie auf der Suche nach Rettung durch die Wüste. Es kommt einem Wunder gleich, dass sie, die vor Erschöpfung und Durst dem Tode nahe waren, einer Karawane von Arabern begegneten. Für Saint-Exupéry war es eine bedeutende Bewährungsprobe, der er in seinem Buch »Wind, Sand und Sterne« eine Passage widmete. Auf der scheinbar hoffnungslosen Suche nach Rettung nahm Exupéry mit großer Empfindsamkeit alle Spuren des Lebens wahr. Die Spuren eines Wüstenfuchses im Wüstensand, ließen ihn für einige Augenblicke Durst und Todesgefahr vergessen. Er stellte sich vor, wie der Fuchs den Tau von den Steinen und die Schnecken aus Wüstenbüschen fraß, Lebenszeichen, die er genoss. Auch im kleinen Prinzen lehrt ein Fuchs die Bedeutung des Lebens.

Erfahrungen bei den »großen Leuten«

Für seine erste große Liebe, für Louise de Vilmorin, gab Saint-Exupéry eine andere junge Liebe zwischenzeitlich auf: die zur Fliegerei. Vielmehr zwang ihn die Familie Louises, zwischen beiden zu entscheiden. Als Pilot im 34. französischen Luftregiment hatte Antoine Anfang 1923 seinen ersten schweren Flugzeugabsturz, bei dem er sich schwere Verletzungen zuzog. Dies schien die Familie Vilmorin darin zu bestätigen, dass Louise keinen Piloten heiraten könne. Saint-Exupéry fügte sich und versuchte nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst ein angepasstes Leben unter den großen Leuten. Er hatte nur seine Geliebte im Kopf. Verzweifelt hatte er versucht, »vernünftig« zu sein, doch der Versuch scheiterte.

Im Juni 1923 nahm er zunächst eine Anstellung als Inspekteur im Büro einer Ziegelei an, später wurde er Handelsvertreter für die Lastwagenfirma Saurer. Er erhoffte sich Unabhängigkeit – auch von den Zuwendungen seiner Mutter. Drei Jahre lang lernte er die Welt der Erwachsenen und ihrer Eigenheiten in allen Nuancen kennen. Die Beschäftigung als Handelvertreter schien ihn dabei zunächst zu gefallen, doch ermüdeten ihn das unentwegte Reisen von Kunde zu Kunde und die damit verbundene Einsamkeit. Hinzu kam der Misserfolg, denn in 18 Monaten als Handelsvertreter gelang ihm gerade einmal der Verkauf eines einzigen Lastwagens. So fand er unter den großen Leuten weder Halt, noch fand er den »Menschen«.

Religiöse Bezüge

Saint-Exupéry war zweifelsfrei ein religiöser Mensch. Er war sich der Verankerung der eigenen Kultur und seines eigenen Wesens in der griechischen Antike und in der chrstlichen Tradition sehr bewusst. Seine eigene Gottsuche geht im Laufe der Jahre immer deutlicher aus seinen Werken hervor. Eine dogmatische Auslegung der christlichen Lehre lehnte er jedoch ab. Dennoch lassen sich im kleinen Prinzen einige religiöse Bezüge zur christlichen Tradition finden: In den biblischen Texten hat auch die Wüste einen besonderen symbolischen Wert als einen Ort der Selbstfindung und der Erneuerung. Auch im Neuen Testament wird das Kind zu einem Gleichnis für diejenigen, die das Leben tatsächlich verstehen. Der kleine Prinz erscheint rein, wie ein Erlöser von einem anderen Stern, eine Gestalt wie Jesus von Nazareth. Auch der kleine Prinz lässt wie Jesus seine sterbliche Hülle zurück und geht ein in das Reich des Unendlichen und wird ganz Geist. Auch das Reichen des Wassers am Brunnen wird von Saint-Exupéry »wie ein Fest« zelebriert, wodurch man Anklänge zum letzten Abendmahl finden kann. Sodann sind auch Schlange und Apfelbaum Symbole in den christlichen Texten. Eine ausschließlich religöse Auslegung des Textes sollte man aber vermeiden, allein schon, weil Saint-Exupéry keinerlei Bekenntnis hierzu hinterlassen hat.

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